Meine L ist fertig

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Echze
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Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

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Hallo allerseits,

eine Quickly bleibt ja bekanntlich selten allein, und so habe ich meiner S23 ein Schwesterchen an die Seite gestellt. Sie war mir 2010 in einem BMW-Motorradforum angeboten worden, als ich dort die Restaurierung meiner S23 präsentiert hatte. Der Standort war nicht allzuweit von mir entfernt, der Preis stimmte und so hatte ich zugeschlagen.

Das war die Ausgangsbasis:

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Zustand: alles schon einmal lackiert/überstrichen, aber ziemlich komplett. Sie lief nicht, machte aber einen ordentlichen Eindruck. Fehlteile: Kleinigkeiten wie Klingel und Tachoring; falsche Griffe, falscher Kupplungshebel, Rücklicht zerbrochen.

Ich habe sie völlig demontiert, neu lackieren lassen (in original NSU Walgrau/Korallenrot), Alu- und Chromteile, soweit noch verwendbar, aufgearbeitet, übrige Metallteile blauverzinken lassen. Alle Lager und Wellendichtringe sind neu. Etliches wurde erneuert wie Felgen, Speichen, Satteldecke, Griffe, viele Gummiteile, Auspuff, Rücklicht etc.

Heute sieht sie so aus:

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Besonderheiten: Der 1,3 PS Motor (Baujahr ist 1957) war mir zu schwachbrüstig. Ich habe daher einen zeitgemäßen originalen 12er Export-Vergaser (mit Tupfer) eingebaut und dazu einen 1,7 PS-Zylinderdeckel. Der Krümmer ist gekürzt. Sie passiert mit diesem Set-up problemlos die 50km/h-Marke.

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Probleme bei der Restaurierung:

Die linke Seite muss wohl einmal ordentlich etwas abbekommen haben (daher auch der falsche Kupplungshebel) . Die Schwinge war verbogen, was ich erst nach dem Lackieren beim Zusammenbau festgestellt habe. Beim Richten nahm die Lackierung natürlich Schaden, was ich aber mit dem Pinsel ausbessern konnte.

Beim Zusammenbau des Motors fiel mir auf, dass am Gehäuse der Anschlag für den Bremshebel abgebrochen war. Dies hatte der Vorbesitzer damit gelöst, dass er diesen an den Seitenständer geschweiß hatte:

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Dies war so gut gemacht, dass ich annahm, dass dies original war. Bei der Montage des Seitenständers musste ich aber feststellen, dass das Gewinde für die obere Befestigungsschraube, welches sich direkt im Blech des Rahmens befindet, hin war. Kein Problem - wird eben passend vorgebohrt und statt des kaputten M6-Gewindes ein M8-Gewinde eingeschnitten.

Probleme bereitete der Ständer, denn auch dort musste die 6er-Bohrung auf 8mm erweitert werden. Ein Klacks dachte ich. Aber meine Bohrer scheiterten an der Härte des Ständers. Also habe ich das Teil eingepackt und auf dem Weg zur Arbeit mit zu einem Karosseriebetrieb genommen. Auch die Fachkollegen mussten das Handtuch werfen: zu hart das Material. Man verwies mich an einen Schmied, der ebenfalls mächtig staunte, als er seinen Bohrer ruinierte. Sein Tipp führte mich schließlich zu einem Hersteller von Zahnrädern, der das Loch auf +8mm aufspindelte.

Doch irgendwie wollte der neue Bremszug nicht passen. Beim Vergleich mit Fotos einer originalen L sah ich dann, dass der Ständer manipuliert war. Das Aufschweißen des Bremshebelanschlags hatte ihn vermutlich so extrem gehärtet. Also neuen Ständer gekauft und montiert und ebenso - hier über das Forum - einen neuen Motorgehäusedeckel mit intaktem Anschlag.

Das nächste Problem bestand darin, dass die Tretlagerwelle zu stamm saß. Sie war stark angelaufen und wurde zusammen mit dem Abstandsrohr erneuert. Besserung trat jedoch nicht ein. Ursache waren nicht originale Kurbelarme, die breiter waren, als nötig und dadurch die Klemmung verursachten. Da muss man erst mal hinter kommen.

In der Nachbetrachtung waren dies alles Folgen eines Schadens auf der linken Seite.

Zuguterletzt streikte auch noch der Tacho, ebenso wie ein zwischenzeitlich erworbenes Ersatzteil. Die Ursache hierfür war simpel: Die Mitnehmer des Antriebs waren verbogen und dadurch nicht richtig eingerastet. Das ließ sich leicht beheben und jetzt ist alles gut.

Die L geht wie die Sau und ist jederzeit dazu in de rLage, nicht nur dem Fahrer, sondern auch allen, die sie sehen, ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das ist herrlich. Jetzt habe ich die Wahl der Qual und versuche, beide Quicklys gleichzubehandeln.

Beste Grüße
Peter
Beste Grüße vom Niederrhein
Peter
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Martinhead
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Martinhead »

Hallo Peter,
schöne Maschine, schöne Geschichte, viel Spaß damit.
Gruß Martin
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Vielen Dank, Martin und Klaus.

Was die Fahreigenschaften der L angeht, hatte ich ebenfalls Befürchtungen, die in die Richtung der von Dir gemachten Erfahrungen gingen, sehe diese aber bisher nicht bestätigt, jedenfalls nicht so, dass ich sie negativ wahrnehme. Auf gerader Strecke gibt die Federung zusammen mit dem Sattel einen bisher nicht bekannten beachtliche Komfort.

Was die Hinterradbremse angeht, ist vieles besser geworden. Mir ist eingefallen, dass ich die neuen Beläge der S23 auch erst einfahren musste. Ich hatte noch keine Lust, das (schon so oft wieder aus- und eingebaute) Hinterrad nochmals wieder herauszunehmen. Das mache ich aber noch - in der Hoffnung, dass der Bremsschlüssel nicht ganz symetrisch ist und nach Drehen um 180° eine zu Gunsten der auflaufenden Bremsbacke eine bessere Wirkung entfaltet. Die Bremsanlage ist im übrigen so montiert, dass die Bremswirkung etwa bei 90°-Stellung des Bremshebls an der Trommel eintritt:

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Beste Grüße
Peter
Beste Grüße vom Niederrhein
Peter
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Doppelkerz
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Doppelkerz »

Hallo Peter.

Auch von meiner Seite gibt es einen erhobenen Daumen für das Schmuckstück das du auf die Räder gestellt hast.
Ich bin auch der Meinung dass die L eine der schönsten Quickly s überhaupt ist und hätte sie ebenfalls in dieser Farbkombination lackiert.

Ist es eine 2 oder 3 Gang Variante?

Gruss Ralf
MFG Ralf
Bin ich ölich, bin ich fröhlich!

1 x Quickly N (Hannibal)
1 x Quickly N23 "travellers edition"
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Vielen Dank, Ralf.

Es ist ein 2-Gang-Motor (was die Überholung sicher leichter gemacht hat, zumal ich den ja schon "konnte").
Beste Grüße vom Niederrhein
Peter
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Hallo Klaus,

das ist in der Tat sehr interessant: es hat den Anschein, dass deine Bremsbeläge dicker sind als meine. Der Leerweg bis zur Bremswirkung ist bei Dir dadurch geringer. Ich musste dagegen die Stellschraube mit dem Anschlag für die Außenhülle fast vollständig herausdrehen - mit dem Effekt, dass der Bremszug länger erscheint. Wenn meine Beläge einmal an der Verschleißgrenze sind, habe ich kaum Möglichkeiten, dies auszugleichen.

Ein Verdacht, den ich vorher schon hatte, aber nicht wahrhaben wollte, weil alles neu ist. Ich habe sogar Ersatz für die neuen Beläge gekauf, weil ich einen Toleranzfehler vermutet hatte.

So sah das Ganze vor der Restaurierung noch mit den alten Belägen aus:

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Was meinst Du dazu, Klaus?

Beste Grüße
Peter
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Hallo Klaus,

danke für für Deine guten Analysen und die wertvollen Tipps.

Leider sind die alten Bremsbacken schon lange auf dem Schrott. Deine Vermutung, dass diese nicht die Ursache sind, beruhigt mich aber ungemein. Wenn ich anderswo welche beziehe, bekomme ich mit Sicherheit auch nur wieder die Nachfertigungen von Forma (J1019, 90 x16), und das sind dann exakte Klone. Alternativ hatte ich schon überlegt, NOS Backen zu kaufen, die es aber nur zum Nieten gibt und schon ohne Beläge sehr teuer sind. Die Enttäuschung nach dem Einbau wäre vermutlich groß.

Deinen Lösungsansatz, den Zug anzupassen, werde ich aufgreifen.

Die Bremse ist aktuell so eingestellt, dass die Wirkung eintritt, wenn der Bremshebel an der Trommel senkrecht steht (also so wie es sein muss). Das zu große freie Spiel des Hebels bis zu diesem Punkt wird vom Bremshebel an der Tretlagerachse aufgenommen. Dies führt zwangsläufig dazu, dass er über die für ihn optimale Position hinaus nach vorn bewegt werden muss. Die optimale Bremskraft liegt dann definitiv nicht an.

Mit einer Anpassung des Zuglänge würde sich das optimieren lassen. Dabei würde ich auch den Außenzug etwas kürzen, um unnötig große Radien zu vermeiden.

Erfahrungen mit dem Löten von Bowdenzügen habe ich noch nicht, aber mir schon einiges dazu angelesen. Und alte Züge zum Üben liegen hier auch noch genug herum.

Alos, danke nochmals und beste Grüße
Peter
Beste Grüße vom Niederrhein
Peter
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frischluftfan
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von frischluftfan »

Hallo Peter,

auch von mir Glückwünsche zu deiner gelungenen Restauration!
Die Farbgebung gefällt mir sehr gut!
Wünsche dir viele schöne Ausfahrten mit deiner L.

Bin mal gespannt, wie es mit deiner Bremse weitergeht!

Anerkennende Grüße,
Wolfgang
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Lieb von Dir, Wolfgang. Herzlichen Dank.

Über die Bremse werde ich berichten (lass mir nur etwas Zeit).

Beste Grüße
Peter
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Danke (nur gut, dass Du nicht mal gemeldet hast).

Ich weiß es sehr zu schätzen, wieviel Mühe Du Dir her machst, die Dinge so zu erklären, dass am Ende auch ein gutes Ergebnis erzielt werden kann. Das ist alles andere als selbstverständlich.

Diese Anleitung hatte ich zuvor gelesen. Sie deckt sich nahezu zu 100% mit Deinem Tipp - ergänzt um eine anschauliche Illustration:

http://goo.gl/5N3EWI

Beste Grüße
Peter
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Peter
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frischluftfan
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von frischluftfan »

Zum Thema, Nippel verlöten.
Um zu verhindern daß Lötzinn in den restlichen Zug gelangt, habe ich eine Crimpzange unterhalb des Nippels geklemmt. Dadurch ist, zumindest bei mir, kein Zinn in den restlichen Zug gedrungen.

Viel Erfolg,
Wolfgang
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Guter Tipp, danke Wolfgang.

Hallo allerseits,

habe den alten Bremszug gefunden und beide Teile miteinander verglichen.

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Die Unterschiede sind nicht so groß wie erwartet (auf dem Foto aber nicht so gut zu erkennen). Der neue Zug ist - wenn überhaupt - weniger als 5mm länger. Auch die Außenzüge inkl. Schmiernippel haben die gleiche Länge. Allerdings weichen die Stellschrauben voneinander ab. Die des neuen Zuges hat eine dickere Kontermutter und das Gewinde reicht nicht bis zum Anschlag. Montiert ist der Außenzug dadurch alles in allem gut 10mm länger, was Dir, Klaus ja auch gleich ins Auge gesprungen ist.

Also werde ich mich ans Optimieren machen, was aber noch einige Zeit dauern wird, da wir bald in Urlaub fahren und ich fürchte, dass eine Bestellung nicht vor meiner Abreise eintreffen könnte. Ich greife das Thema aber wieder auf.

Bis dann - beste Grüße
Peter
Beste Grüße vom Niederrhein
Peter
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Was soll ich sagen, Klaus:

Einfach toll, Dein "Coaching" - ganz herzlichen Dank, auch für die guten Wünsche.

Herzliche Grüße
Peter
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Peter
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Effchen
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Effchen »

Hallo,
rein Interessehalber: Was ist unter dem Hinterrad-Blechgebirge? Ist da ein normales Schutzblech darunter? Oder spritzt der Dreck in den Rahmen...nein, das kann ich mir nicht vorstellen.

Verrät mir das jemand?

Neugierig:
Dieter
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Echze
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Re: Meine L ist fertig

Beitrag von Echze »

Hallo allerseits,

spät kommt es, doch es kommt: das Ergebnis meiner Bemühungen, die Hinterbremse funktionsfähig zu machen.

So sieht das Ganze jetzt aus:
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Und so sah es vorher aus:
Bild.

Um das Resultat vorwegzunehmen: Sie bremst jetzt hervorragend!

Wie wurde das erreicht:

- Optimierung des Bremszuges durch Maßanfertigung nach den Vorgaben, die Klaus mir gemacht hat unter Verwendung des alten originalen Schmiernippels, der viel schlanker ist und sich daher besser in den Außenzug einpassen lässt. Den Nippel habe ich mit Speziallot für Stahl und Edelstahl eingelötet (S-Sn96, 5Ag3,5 "VA" mit Lötöl "ST" von Felder).

- Optimierung der Bremshebel-Anstellwinkels

- und: neue Bremsbeläge, denn die Trommel war wohl doch nicht ganz fettfrei, so das die zuvor eingesetzten, ebenfalls neuen Beläge etwas Schmiere aufgenommen hatten.

Jetzt ist die L perfekt. Sie läuft locker 55 km/h (12er Export-Vergaser mit Tupfer, 1,7 PS-Kopf, gekürzter Krümmer) und bremst so hervoragend, dass man sich auch in diesen Temporegionen sicher fühlt.

Euch allen vielen Dank für Eure Anregungen, insbesondere und vor allem an Dich, lieber Klaus.

Beste Grüße an alle
und eine schöne Quickly-Saison

Peter
Beste Grüße vom Niederrhein
Peter
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