Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Informationen über Restaurierungen und Instandsetzungen, Erfahrungsberichte, die man hier anderen weitergeben kann.
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Thomas B.
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Registriert: 24.07.2014, 05:45

Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Thomas B. »

Guten Tag zusammen,

meine Eltern haben mir beigebracht, sich erst einmal vorzustellen, wenn man neu ist, also fange ich mal an: Thomas, 40+, vom linken Niederrhein
Weil das hier eine ziemlich lange Geschichte wird, will ich vorab mal die Eckdaten anführen. Wem es dann zu langweilig wird, kann ja sofort zu den Bildern runter scrollen... :D

Also:
Quickly S23
Baujahr 62
Beginn der Restauration: 1994
Fertigstellung: 2014

Die Quickly, um die es hier geht, kenne ich schon ewig. Als meine Freunde und ich im zarten Mofaalter von 15 mit Zündapp Bergsteiger, ZD 20 und Kreidler Flory unterwegs waren, hatte einer unserer Freunde eine Quickly. Wir Mofa-Rocker waren immer ziemlich eifersüchtig, weil der ja 40 fahren konnte und das mit Mofa-Optik. Irgendwann lief die Quickly dann nicht mehr und mein Weg ging weiter über Supercombinette, Vespa 50 hin zu Autos wie Goggo Coupe, Ford 12m und zu Motorrädern wie DKW RT 125 oder Zündapp KS 175

Viele Jahre später, ich hatte gerade meine Frau geheiratet, fragte mein alter Kumpel, ob ich nicht die Quickly haben wollte. Er würde die sowieso nie mehr zusammen kriegen und ich wäre ja mehr der Mann für so hoffnungslose Fälle ... Da der Kaufpreis auch ziemlich attraktiv war (eine Kiste Bier, die wir gemeinsam trinken wollten), habe ich natürlich sofort zugegriffen und die Sammlung von Teilen abgeholt.

Der Zustand war ziemlich bemitleidenswert: weitestgehend zerlegt, nur zu 80 % komplett, verbastelt, vermurkst und mit dem Pinsel angemalt. Die Teile, die vorhanden waren, waren restlos verschlissen und der Rest fehlte. Im Grunde hätte man damals die paar Teile, die nicht im Eimer waren, auf dem nächsten Teilemarkt verhökern müßen (Ebay gab's noch nicht). Aber weil ich diese Quickly halt immer schon kannte und weil es damals schon eine Firma Krippl gab, habe ich zusammen mit meiner Frau angefangen. Fotos vom Ursprungszustand gibt's leider keine. Digitalfotographie kam eben auch erst später ...

Die Blechteile wurden gestrahlt, danach war dann die ganze Misere ersichtlich: Rahmen und Gabel o.k., Schutzbleche eine Katasstrophe: Jede Menge Risse, Rost usw. Also schweissen, spachteln, grundieren, lackieren. An dieser Stelle muß ich mich dann wohl auch für den gewählten Farbton entschuldigen: Das war eben 1994 so. Damals fanden wir das richtig schick ! Heute würde ich wohl das orginale Blau nehmen ...

Nachdem die Lackierarbeiten abgeschlossen waren, passierte: Nichts.
Irgendwie waren wir immer wieder mit anderen Projekten beschäftigt (Kinder, Haus, Autos und Motorräder siehe oben), dass die Quickly auf der Prioritätenliste immer wieder runter rutschte...

Der nächste Schub kam dann genau 10 Jahre später, also 2004. Die frisch lackierten Teile wurden so langsam zu einem Moped zusammen gefügt, selbstverständlich mit neuen Lenkkopflagern usw
Die ziemlich stark verrosteten Felgen wurden erst einmal lackiert und dann stand die Gute auch schon wieder auf eigenen Rädern. Und weil es so schön war, haben wir dann direkt die nächste Pause von 10 Jahren gemacht ...

Winter 2014: Da habe ich mir dann vorgenommen, jetzt endlich das Langzeitprojekt Quickly abzuschliessen. Also Technik überholen: Der Motor ... Unvorstellbar, dass der überhaupt gelaufen ist. Nicht eine einzige Anlaufscheibe drin, Pleuellager mit riesigem Höhenspiel, Kolbenringe verschlissen, Kupplung völlig fertig. Zylinder und Kolben allerdings ohne Riefen und verwendbar.

Also eine neue Kurbelwelle, Kolbenringe, Kupplungsbeläge, diverse Anlauf- und Distanzscheiben geordert, Lager und Dichtungen sowieso. Der Zusammenbau ging dann mehr oder weniger reibunglos vonstatten, wobei ich zugeben muß, dass ich den Motor schon 2 mal aufmachen mußte, weil ich dann doch wieder etwas vergessen hatte :mrgreen:

Die eigentlich Endmontage mußte dann auch immer wieder unterbrochen werden, weil irgendwelche Kleinteile fehlten. Und da muß ich mal ein ganz dickes Dankeschön an das Krippl-Team schicken, die ich mit Sicherheit mit meinen ganzen Kleinbestellungen bis zur Weissglut gebracht habe ...

Irgendwann war es dann aber doch so weit, dass ich den Motor anwerfen konnte und nach einigen Feineinstellungen die erste Probefahrt nach ca. 30 Jahren machen konnte ...

Mittlerweile läuft sie ganz schön, springt sofort an und erreicht eine Höchstgeschwingigkeit von ca, 43,5 km/h. Sicherlich muß ich noch mal etwas Fein-Tuning betreiben, sie läuft wohl noch etwas fett. Ausserdem scheint die Entlüftung im Tankdeckel nicht ganz frei zu sein und ich denke, dass ich die Zündung noch mal nachstellen werde. Aber das sind alles eher Kleinigkeiten. Irgendwann bekommt sie dann noch mal einen neuen Chromring am Scheinwerfer, einen neuen Auspuff und vielleicht auch Chromfelgen. Aber das stört mich im Moment eigentlich gar nicht so sehr, Hauptsache, sie ist wieder auf der Strasse!

Ich hoffe, ich habe Euch nicht zu sehr gelangweilt, hier kommen die versprochenen Bilder:

Viele Grüße
Thomas

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Dirk2008
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Re: Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Dirk2008 »

Hallo und willkommen im Forum.
Schöne Vorstellung und gar nicht langweilig.

Mir ging es ähnlich mit der Restaurierung. Zuerst mal alles auseinander nehmen und
dann lange Zeit lang nichts. Allerdings nur 2 Jahre nichts.
Ich glaub ich hab 5 Jahre insgesamt gebraucht. :D
Gruß aus Schönwalde Glien, Dirk
Meine Quickly Bj 1955 Rahmennummer 258.XXX, Motor 558.XXX

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Thomas B.
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Re: Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Thomas B. »

Hallo zusammen,
ersteinmal vielen Dank für die nette Aufnahme hier und auch dafür, dass Ihr mich nicht wegen der Farbe direkt wieder verjagt habt... :D

Mittlerweile haben die Quickly und ich die ersten Kilometer hinter uns gebracht und direkt auch schon die erste Panne gehabt: Als meine Frau eine Proberunde um den Block drehen wollte, waren plötzlich die Gänge weg. Und in meiner Schraubereuphorie habe ich natürlich direkt erstmal den Motor ausgebaut und zerlegt, um dann festzustellen, dass der Keil vom Antriebsritzel abgeschert ist... :mrgreen:

Leider sind die Dichtflächen in meinem Motor so runtergerockt, dass ich die Dichtungen mit Hylomar beidseitig verklebe, dadurch überleben die einen Ausbau natürlich nicht. Also wieder eine Kleinbestellung an den Krippl-Shop... sorry dafür :oops:

Jedenfalls weiss ich jetzt, dass alles passt: Keine Laufspuren oder Verfärbungen an irgendwelchen Teilen, alles passt. Einlaufinspektion sozusagen.

Weshalb der Keil abgeschert ist, kann ich natürlich nicht genau sagen. Gerne würde ich behaupten, dass meine Frau das Moped kaputt gemacht hat, aber da ich nicht weiss, ob sie vielleicht mitliest, muß ich wohl zugeben, dass es wahrscheinlich (m)ein Montagefehler war. Vermutlich habe ich die Mutter einfach nicht genug angezogen...

Tja, Shit happens, aber so wird es wenigstens niemals langweilig :D

In diesem Sinne viele Grüße
Thomas
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Doppelkerz
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Re: Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Doppelkerz »

Hallo Thomas
Im zweifelsfall war es immer die Frau! :mrgreen: duck und weg

Wer gibt schon gerne einen Montagefehler zu.
Ich z.b. mach den Konus am Ritzel immer mit nem Schuss Bremsenreiniger fettfrei,dann zieh ich das ganze mit aufgelegter Kette und blockiertem Hinterrad nochmal mit nem Federring so richtig schön fest. :wink:

Viel Spaß noch beim bewegen des Quicklys!

Gruss Ralf
MFG Ralf
Bin ich ölich, bin ich fröhlich!

1 x Quickly N (Hannibal)
1 x Quickly N23 "travellers edition"
Thomas B.
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Re: Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Thomas B. »

Ja ja, ein ganzes Forum voller Frauenversteher ... 8)

@ Ralf: Genauso hatte ich es vor, ich kann aber beim besten Willen nicht mehr sagen, ob ich es auch tatsächlich gemacht habe. Offensichtlich wohl eher nicht :evil:

Naja, jetzt sitzt das Ritzel bombenfest auf einem neuen Keil, die Welle hat auch nix abgekriegt, Moped läuft wieder, alles gut.

Im Werkstatthandbuch vom Goggomobil steht als erster Satz ein Zitat von Goethe: "Wir müßen alle schlechte Arbeit hassen lernen wie die Sünde". Ich würde sagen, "Dummheit muß bestraft werden".

Ihr könnt Euch ausssuchen, was besser auf mich passt ...

Viele Grüße
Thomas
Henning Peters
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Re: Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Henning Peters »

Hallo Thomas,

schöne Restauration.
Über die Farbe kann man streiten, aber jetzt würde ich die Quickly erstmal genießen wie sie ist.
Ich habe selbst eine S23 vor 2 Jahren restauriert - eine ordentliche Arbeit ist das.

Viel Spaß damit und wenig Pannen
Henning
Quickly S23 Bj 1965
Yannick14
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Re: Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Yannick14 »

Hallo,
war das Absicht die Heirat mit deiner Frau unmittelbar vor deinem Ruf als Mann für hoffnungslose Fälle zu erwähnen? Da gibt es aber keinen Zusammenhang oder?
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Effchen
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Re: Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Effchen »

[quote="Yannick14"]
...die Heirat mit deiner Frau unmittelbar vor deinem Ruf als Mann für hoffnungslose Fälle...
[quote]
:lol: :lol: :lol:
Thomas B.
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Re: Neu hier: Die vermutlich längste Restaurierung der Welt

Beitrag von Thomas B. »

Hallo zusammen,

die Chronologie der Ereignisse muß ich dann wohl noch mal überdenken ... 8)

Wir haben uns übrigens entschlossen, die Quickly zu verkaufen. Ursprünglich wollte hauptsächlich meine Frau damit fahren, aber sie kommt mit der Handschaltung nicht wirklich zurecht und es wäre eigentlich zu schade, wenn die Quickly weitere 20 Jahre rum stehen muß.

Perfekt ist sie sicherlich nicht, aber technisch ordentlich gemacht und es ist drauf setzen und los fahren. Angemeldet, also versichert ist sie ja noch bis 2015.

Als Preisidee schweben mir EUR 600,- vor und dabei zahl ich noch drauf bei den ganzen Neuteilen, die verbaut sind. Aber das ist leider meistens so ...

Standort ist Mönchengladbach

Bei Interesse einfach melden.

Viele Grüße
Thomas
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